Girl Shy

Mädchenscheu

Regie: Fred C. Newmeyer, Sam Taylor, USA, 1924

USA, 1924
Szenenphoto aus Girl Shy, © Production Company


Stab und Besetzung

Produktion
Regisseur Fred C. Newmeyer
Sam Taylor
Drehbuch Sam Taylor
Sam Taylor
Nach einer Vorlage von Sam Taylor
Kamera Walter Lundin
Walter Lundin
Schnitt Allen McNeil
Darsteller Harold Lloyd [Harold Meadows, The Poor Boy]
Jobyna Ralston [Mary Buckingham, The Rich Girl]
Richard Danielson [Jerry Meadows, The Poor Man]
Carlton Griffin [Ronald De Vore, The Rich Man]

Technische Angaben
Kategorie: Langspiel Film
Technische Info: Format: 35 mm, 1:1,33 - Ratio: 1:1,33 - Schwarz-Weiss Film,
Tonsystem: silent
Vorhandene Kopien: Kopien des Films sind erhalten
Szenenphoto aus Girl Shy, © Production Company

Kritiken : "In einem seiner stimmungsvollsten Filme verkörpert Harold Lloyd einen Schneider, der in seiner Fantasie ein Casanova, tatsächlich aber in der Gegenwart von Frauen extrem gehemmt ist. An seiner Schüchternheit verzweifelnd, will seine Freundin einen Heiratsschwindler ehelichen, wird daran aber von Harold nach der vielleicht spektakulärsten Hetzjagd der Filmgeschichte in buchstäblich letzter Sekunde gehindert. Der erste von fünf Filmen, an dem Lloyds späterer Regisseur Ted Wilde prägend mitwirkte." (Lexikon des Internationalen Films)

Dieser beliebteste aller amerikanischen Komiker, der infolge des schlechten Schnittes und des miserablen Titels seines "1000:1" in der letzten Zeit etwas in den Hintergrund trat, springt in des Wortes wahrster Bedeutung hier wieder einmal an die Rampe. Er hat sich von seinen zahlreichen "Gaymen" ein Manuskript verfertigen lassen, das ihn zum Schluß von der Stromstange einer Elektrischen in ein Auto und in den tollsten Sätzen bis ans Ziel befördert. Einen Run wie diesen hat die Welt wirklich noch nicht gesehen - und Harold Lloyd bleibt zum Schluß eben der, als der er sich vor Jahren (heute auch schon vergessen) plakatieren ließ: Er!!

Die Komik Lloyds ist wie die jedes echten Komikers in der Tatsache verwurzelt, daß sie eigentlich unfreiwillig ist. Harold erscheint, ein amerikanischer Parsifal, in allen seinen Filmen als reiner Tor. Er ist der ewig schüchterne junge Mann, der ohne Bewußtsein der Kompliziertheiten durch das Leben geht und eben deshalb die Schwierigkeiten, an denen andere scheitern, zu überwinden weiß.

Frauen spielen in den Lloydfilmen stets nur die Beigabe des "foil", wie die Filmsprache Hollywoods die Partnerinnen nennt, die nichts als das Stichwort für den Star zu bringen haben. Harold leidet also diesmal an einer unüberwindlichen Scheu vor dem weiblichen Geschlecht. Er flieht die Frauen, während in seinem Herzen tausend heiße Wünsche glühen. Der kleine Schneidergeselle, der er ist, schreibt die Liebesabenteuer einer träumerischen Phantasie nieder und bringt sie, da er sich für einen Dichter hält, zu einem Verleger. Aber dieser wirft ihn aus dem Hause, bis ihm später die Erkenntnis kommt, daß die so recht ernst gemeinten Lyrismen der Schneiderlehrlingsphantasie eine noch nie dagewesene Komik bergen. Harold Lloyd, den in seiner Armut plötzlich der Scheck eines angesehenen Verlagshauses lockt, könnte nun seine Angebetete heiraten, aber als ewiger Pechvogel muß er im letzten Augenblick erkennen, daß sich die Teure mit einem anderen verheiraten will. Mit einem anderen, von dem er weiß, daß er ein Schurke ist. Was bleibt dem vortrefflichen Harold da weiter übrig, als zu versuchen, im letzten Augenblick hindernd einzugreifen?

Die Art, in der das geschieht, bildet den Höhepunkt des Filmes, der bereits bis dorthin an Überraschung, Abwechslung sowie tollem Humor ohnegleichen ist. Die Sensationen der Hetzjagd, in die Harold verfällt, wie er der Eisenbahn nachläuft, Autos zertrümmert, Straßenbahnen demoliert, Fuhrwerke bis zum Durchbrennen der Deichsel durchschmort, dann mit verhängten Zügeln dahinrast - das läßt sich mit Worten nicht beschreiben. Wahrhaft durchgeführte Sensationen, keine Tricks, die in anderen Filmen die Zuschauer in Schrecken versetzen sollen, sind hier die Ursachen eines tollen Gelächters. Man sah bei diesen Szenen, wie sich würdige Männer vor Vergnügen auf die Schenkel schlugen, wie elegante Damen vor Lachen kreischten. Der Ufa-Palast erbebte in den Schlußakten der "Girl-shy" vor Schreikrämpfen, vor Quietschorkanen, vor Lachtornados. Seit Monaten ist in Deutschland nicht mehr so aus innerster Empfindung gelacht worden - wie auch seit Monaten kein Film einen auch nur annähernden Beifall fand.

Nach manchen schwächeren Harold Lloydfilmen, die uns im Laufe der Zeit serviert wurden, ist dies ein Film, der wieder einmal ein echter Harold Lloyd ist, einer von denen, die begreifen lassen, daß und warum Harold in der ganzen Welt so populär geworden ist. In den letzten Wochen also wieder Chaplin und Harold Lloyd. Obgleich so wesensverschieden, doch sich berührend in einer sozusagen stoischen Einstellung zu den Dingen, wie es bei Anzengruber heißt: "Mir kann nix g'schehen".

Nehmen wir die Lehr' davon und lernen von den amerikanischen Schlemihlen bei aller wilden Herumraserei, daß es noch allemal gut geht, wenn wir uns innerlich nicht zu sehr zerreißen.

Vorher sah man eine groß angelegte Bühnenschau: vor allem Ernö Rapées Jazzsinfoniker, in der ganzen Aufmachung natürlich für den Ufa-Palast am Zoo berechnet, keinesfalls auf die Provinz übertragbar, schon aus Gründen der Kosten. Ein Tenor sang im Kostüm des Maharadscha und im spanischen Anzug entsprechende Weisen. Das ausgezeichnete Ufa-Ballett unter Oumanski tanzte dazu im Stil der Lieder und der Zeit. Dann sah man Kitty Valery, des großen Uncle Sam jüngste Tochter. Sie ist zwar noch nicht ganz das, was ihre Mutter auf der Höhe ihrer Kunst und ihrer Glanzzeit war, aber immerhin, Kitty kann sich sehen lassen. (Quelle: Kinematograph, 20.Jg., Nr.994, 7.3.1926)

Dieser neue Harold Lloyd-Film hat wohl im Vergleich mit seinen Vorgängern die meisten Titel. Und da diese Titel manchmal ganz "knorke" sind, so werden sie viel und gern belacht.

Diese Titel hat der Film sehr notwendig, denn was sich bildlich in den ersten fünf Akten ereignet, ist durchaus unterstützungsbedürftig. Harold Lloyd hat wirklich schon besseres gemacht, und der Ufa-Palast hat auch schon bessere Filme gesehen.

Harold ist also ein schüchternes, stotterndes, mädchenscheuendes Schneiderlein, das in seiner Freizeit Liebesabenteuer zu Papier bringt. Schließlich findet sich auch ein Verleger, Harold kriegt Geld und kann das geliebte Mädchen, denn inzwischen hat sich seine Schüchternheit etwas gelegt, noch rechtzeitig den Klauen eines Bigamisten entreißen. Was Grund zu einer tollen Hetzjagd durch die Straßen von Los Angeles bietet und den Zuschauer daran erinnert, daß vor ihm ein "weltberühmtes" amerikanisches Lustspiel über die Leinwand flimmert.

Dieser letzte Akt ist herrlich. Das sei neidlos und aufrichtig anerkannt. Wenn Harold Straßenbahn, Auto, Motorrad und schließlich ein Pferdeführwerk in Bewegung setzt, um sein Ziel zu erreichen wenn er ganze Straßenzüge in Aufruhr bringt und alles um-, an- oder überfährt, dann geben die Angstschreie und Beifallskundgebungen im Zuschauerraum eine ebenso passende Begleitmusik wie Rapées Orchester.

Also noch einmal: Von allen atemberaubenden Hetzjagden, die uns amerikanische Grotesken bis jetzt vermittelt haben, ist diese vielleicht die tollste.

Dieser Akt versöhnt uns mit vielem, was man in den ersten fünf Akten hinnehmen mußte. Man erwartete von einem Harold Lloyd-Film etwas mehr als dieses behaglich dahinplätschernde Geschehen.

Natürlich schafft die Routine des Verfassers wieder zahlreiche lustige Einfälle und Situationen, aber es fehlt dem allen doch der richtige Schmiß und, das Tempo - also die Eigenschaften, die wir an Filmen, wie "Ausgerechnet Wolkenkratzer" bewunderten.

Der Lichtpunkt dieser Kleinstadtgeschichte ist ein niedliches, temperamentvolles Mädchen, in dessen schelmische Augen man sich verlieben kann. Harold Lloyds Spiel ist jedoch merkwürdig verkrampft, er gibt große leere Gesten und versucht, durch Gesichterschneiden lustig zu wirken. Wenn man an diesen Film zurückdenkt, denkt man nur an den letzten Akt. Und der war ein Erlebnis. Und da der letzte Eindruck in diesem Fall entscheidend ist, und es ein Sprichwort gibt, das "Ende gut, alles gut" heißt, so sei uns dieser Film willkommen!

Die Ufa-Palast-Revue, die den Film einleitete, entpuppte sich als eine harmlose Darbietung des Jazz in drei Weltrichtungen: Orient, Spanien und Wildwest. (...) (Quelle: Film-Kurier, 8.Jg., Nr.56, 6.3.1926)

(...) Diese Jagd gehört zu den spektakulärsten Sequenzen der Filmgeschichte. (...) Das abschließende Rennen mit dem Pferdegespann nimmt ale Qualitäten der späteren Wagenrennen der Ben Hur-Verfilmungen vorweg, (...). Mehr noch als in den Kletterszenen der Hochhausfilme unterwarf sich Lloyd um eines - allerdings superben - dramatisch-komischen Effektes willen großer Gefahr. Allein die Virtuosität, mit der er die verschiedenen Verkehrsmittel beherrscht, würde heute fast jeden Darsteller überfordern (...). Über dem außerordentlichen Eindruck, den diese Sequenz hinterläßt, vergißt man leicht, daß sie ihre Wirkung zu einem wesentlichen Teil dem sorgfältigen Aufbau der dahin führenden Handlung und der überzeugenden Entwicklung der sie tragenden Charakters [!] verdankt. Einzig der Heiratsschwindler ist eine Klischeefigur; alle übrigen Personen des Geschehens bis hin zu den Sekretärinnen des Verlages sind mit einem liebevollen Blick für das Detail gezeichnet. (...) (Quelle: Wolfram Tichy: Harold Lloyd, Luzern - Frankfurt/ Main 1979, S.75-80)
Anmerkungen : «Was als romantische Komödie über einen verträumten Schneidergesellen beginnt, der in seiner Phantasie zum Frauenhelden wird, endet mit einer halsbrecherischen Jagd per Auto, Feuerwehr, Straßenbahn und Pferdekutsche quer durch Los Angeles. MÄDCHENSCHEU war einer der größten Erfolge Harold Lloyds, des neben Chaplin beliebtesten amerikanischen Stummfilmkomikers. Sein furioses Finale war Vorlage für die Schlußsequenz in DIE REIFEPRÜFUNG mit Dustin Hoffman, bei der Lloyd als Berater mitwirkte.» (Stummfilmtage Bonn)

General Information

Girl Shy is a motion picture produced in the year 1924 as a USA production. The Film was directed by Fred C. Newmeyer, Sam Taylor, with Harold Lloyd, Jobyna Ralston, Richard Danielson, Carlton Griffin, in the leading parts. We have currently no synopsis of this picture on file;

Literatur Hinweise Stummfilmtage Bonn 2008, Katalog

Referenzen zum Film in anderen Datenbanken:

    Unter anderem wurde der Film bei folgenden Filmfestivals aufgeführt:

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